Beginnendes Verstehen – KM22

„Wir sind doch hier nicht in der Grundschule!“ Der ältere Herr ist sichtlich empört und sieht sich Zustimmung heischend in der Runde um. Hier und da beifälliges Nicken. Das Konzept von „Klotzsche hört sich zu“ für den Bürgerdialog scheint diesmal nicht aufzugehen. Kaum einer der Anwesenden im Speisesaal der frisch modernisierten 82. Oberschule in Klotzsche scheint an diesem Abend des 30.03. Interesse an der Bildung von Gesprächskreisen zu haben, um sich gegenseitig zu sagen, was sie sich in Klotzsche wünschen. Die Leute wollen etwas Anderes hören. „Wo ist denn der Herr Vorjohann?“

Nicht wenige sind der Meinung, dass der Bildungsbürgermeister der Stadt Dresden zu dieser Veranstaltung angekündigt war.

Worum ging es?

Am Nachmittag des gleichen Tages gab es einen Tag der Offenen Tür in der Karl-Marx-Straße 22 in Klotzsche. Die Einrichtung der Jugendhilfe soll ab April 2017 bis zu 23 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen. Ein Vorhaben, welches im Stadtteil seit Monaten heiß diskutiert wird. Ein Thema, welches durchaus polarisiert.

Die Menschen, die sich an diesem Abend in der Klotzscher Schule versammelt haben, wollen Antworten. Antworten  auf Fragen zu dieser Einrichtung mitten in ihrer Wohngegend. Um es vorwegzunehmen: es gab auch provokante und auch themenfremde Einlassungen an diesem Abend. Nicht wenige der Anwesenden waren skeptisch bis ablehnend, jedoch bemühten sich die meisten um ein sachliches Gespräch. Und es wurde am Ende eines. Dank dreier Akteure der Jugendhilfeeinrichtung. Allen voran Bernard Martinell, Psychologe und Leiter der KM22, sowie Frank-Robert Kühn, Leiter von Kühn und Kollegen, welche im Auftrag der Jugendhilfe die Einrichtung betreiben, sowie Katja Eisenkolb, Psychologin, die bereits in einer ähnlichen Einrichtung in Langebrück tätig war und schon im letzten Bürgerdialog „Klotzsche hört sich zu“ aus dem Alltag einer solchen Institution berichtet hat.

Die drei stellten sich allen Fragen, wichen nicht aus. Sagten auch deutlich, dass nicht immer alles rosarot sei, sondern dass es durchaus Probleme geben könne. Es seien nun mal Jugendliche in einem schwierigen Alter und in einer ganz besonderen Situation. Diese Offenheit und Ehrlichkeit kam an. Vereinzelte Provokationen aus dem Publikum verpufften. Die Bandbreite der Fragen reichte von der Schulpflicht über Besuchs- und Ausgangsregelungen bis hin zu Fragen des Impf- und Versicherungsschutzes und auch der Sexualität. Nicht alle Fragen konnten zur Zufriedenheit beantwortet werden, aber das Team konnte seine Kompetenz in der Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen klar vermitteln.

Am Ende waren die Skeptiker zwar immer noch skeptisch. Aber im Gespräch entstand eine Atmosphäre der, sagen wir, beginnenden Verständigung. Man war gewillt, erst einmal abzuwarten und der Einrichtung und ihren Bewohnern eine Chance zu geben. Ab April wohnen in Klotzsche zunächst zwölf Jugendliche aus Syrien, Eritrea….

Klotzsche-Blog wird an diesem Thema dranbleiben.

PS.: Die Abwesenheit des Herrn Vorjohann konnte aufgeklärt werden. Letztendlich waren es doch die sehr missverständliche Ankündigungen in der Presse. Aber auch ohne ihn war der Abend ein Erfolg: Ein Zeichen dafür, dass in Klotzsche auch über umstrittene Themen respektvoll diskutiert werden kann!

 

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